Das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022: Wo wir beim Ausbau der Erneuerbaren Energien stehen

veröffentlicht am 6. April 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Der Klimawandel ist eine der größten weltweiten Herausforderungen unserer Zeit. Seit der Novelle zur Verschärfung des Klimaschutzgesetzes im August 2021 steht fest, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Pro­­zent gegenüber 1990 senken und bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden soll. Das Bundes­verfassungsgericht (BVerfG) hatte zuvor mit seiner Klimaschutz-Entscheidung vom 24. März 2021 (bekannt gegeben am 29.04.2021) das Bundesklimaschutzgesetz von De­zem­ber 2019 in Teilen für verfassungswidrig erklärt [1].


Auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele setzt die Bundesregierung auch auf Innovationen und eine Energie­versorgung, die insbesondere durch den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien klima­verträglicher werden und uns gleichzeitig unabhängiger vom Import fossiler Brennstoffe machen soll. In seiner „Eröffnungs­bilanz Klimaschutz“ hat Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am 11. Januar 2022 eine ernüch­ternde Bilanz gezogen und die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen in allen betroffenen Sektoren für unzu­rei­chend erklärt [2].

Die Umsetzung kommunaler Handlungskonzepte und der Ausbau erneuerbarer Energien begegnen nicht zuletzt angesichts der hohen Komplexität der rechtlichen Rahmenbedingungen nach wie vor erheblichen Hürden. Zusätzlich stehen Kommunen und Energieversorger als Akteure vor Ort bei der Entwicklung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen nicht nur vor Fragen der Finanzierbarkeit, sondern müssen auch eine Vielzahl kollidie­render Belange berücksichtigen.

Mit der Umsetzung des Klimaschutz-Sofortprogramms 2022 soll nun ein Paket an Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele auf den Weg gebracht werden[3]. Bereits für Frühjahr und Sommer 2022 sind verschiedene Gesetzesnovellen geplant. Am 28. Februar 2022 hat das Bundesministerium für Wirt­schaft und Klimaschutz (BMWK) wesentliche Punkte aus der geplanten Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) vorgestellt [4]. Bis April 2022 soll das Bundeskabinett nun über den Entwurf entscheiden. Künftig soll im EEG der Grundsatz verankert werden, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien „im über­ragenden öffentlichen Interesse“ steht und der öffentlichen Sicherheit dient. Darüber hinaus soll das Gesetz die Weichen für 80 Prozent erneuerbare Stromerzeugung bis zum Jahr 2030 stellen.

Für den beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land sieht das Klimaschutz-Sofortprogramm etwa die Erschließung kurzfristiger Flächenpotenziale sowie Ansätze zur Konfliktbewältigung mit Wetterradaranlagen, militärischen Interessen der Luftsicherheit sowie Belangen des Artenschutzes vor. Mit einem Windenergie-an-Land-Gesetz sollen die langen und komplexen Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen vereinheitlicht und Flächen für den Ausbau der Windenergie reserviert werden. Ob zusätzliche sinnvolle Änderungen im Pla­nungsrecht wie beispielsweise eine Abschaffung der Länderöffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB folgen, bleibt abzuwarten.

Gleiches gilt für die Fragen, ob künftig auch Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu den im Außenbereich privi­legierten Vorhaben zählen und ob sie von dem Anbauverbot entlang von Bundesautobahnen nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FStrG ausgenommen werden sollen. Das Eckpunktepapier von BMWK, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom 10. Februar 2022 lässt diese Fragen noch unbeantwortet [5]. Jedenfalls soll im Rahmen des Sofortprogrammes der Ausbau der Solarenergie u.a. durch eine Anhebung der Ausschreibungs­schwellen und die Öffnung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen im EEG gefördert werden.

Um Strom aus Erneuerbaren Energien und auch die Elektromobilität attraktiver zu machen, sieht der Maßnah­men­­katalog im Übrigen eine Senkung des Strompreises für Strom aus Erneuerbaren Energien vor. Bereits ab 1. Juli 2022 soll die EEG-Umlage über den Bundeshaushalt finanziert werden, um Verbraucher bei den Strom­kosten zu entlasten.

Die Wärmestrategie des Klimaschutz-Sofortprogramms sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden sollen. Auch im Gebäudesektor setzt die Bundesregierung auf eine flächen­deckende kommunale Wärmeplanung und den Ausbau der Wärmenetze durch die Bundesförderung für effi­ziente Wärmenetze (BEW). Zusätzlich soll eine Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes verlässliche Pla­nungsgrundlagen für Investitionen vorsehen. Weitere Anreize sollen durch eine Anpassung der Bundes­förde­rung für effiziente Gebäude geschaffen werden.

Der aktuelle Zeitplan sieht vor, die Gesetzgebungsverfahren für die EEG-Novelle und die Novelle des Gesetzes für Wind auf See noch vor der Sommerpause abzuschließen [6].

Auch die Landesgesetzgebung befasst sich zunehmend mit der gesetzlichen Verankerung konkreter Maßnah­men zum Klimaschutz. So sieht etwa der aktuelle Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Klima­schutzgesetzes vom 15. November 2021 die Einführung einer Solarpflicht auf Dächern vor, der im ersten Schritt alle gewerblich und industriell genutzten Neubauten und ab 1. Januar 2023 auch sonstige Nichtwohngebäude unterfallen sollen [7].

Für Kommunen und Stadtwerke ebenso wie für Industrieunternehmen und Projektierer gilt es nun, die Ent­wicklungen aufmerksam zu verfolgen und die sich bietenden Chancen zu ergreifen. Der Klimaschutz ist eine komplexe Aufgabe, die alle Akteure vor Herausforderungen stellt. Sie gilt es, in den kommenden Monaten und Jahren gemeinsam zu stemmen.

  



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