Erbschaftsteuerliche Begünstigung bei Wohnungsvermietungsgesellschaften

Der Bundesfinanzhof hat mit seiner jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 24. Oktober 2017 (Az. II R 44/15) die erbschaftsteuerrechtlichen Anforderungen für die Gewährung einer Vergünstigung bei Wohnungsunternehmen deutlich verschärft. Das bisherige Erbschaftsteuergesetz sowie auch die Neuregelung im Rahmen der Erbschaftsteuerreform gewähren Wohnungsunternehmen, die ihre Wohnungen an Dritte zur Nutzung überlassen, Vergünstigungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Solche Unternehmen können nämlich grundsätzlich von der erbschaft-/schenkungsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigung profitieren. Wohnungsunternehmen sind solche Gesellschaften, deren Hauptzweck in der Vermietung von Wohnungen im Sinne des § 181 Abs. 9 Bewertungsgesetz bestehen und dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§14 AO) erfordert (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG n.F.). Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, handelt es sich bei den überlassenen Wohnungen insgesamt um für Erbschaft-/ Schenkungsteuerzwecke begünstigtes Vermögen des Unternehmens. 
 
Die Finanzverwaltung legt diese beiden Anforderungen an ein Wohnungsunternehmen in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 (vgl. RE 13b, 13 Abs. 3 ErbStR) dahingehend aus, dass sie insbesondere auf den Umfang der Geschäfte und eine umfangreiche Organisationsstruktur zur Durchführung der Geschäfte abstellen. Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes wird neben bestimmten qualitativen Kriterien regelmäßig angenommen, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält. 
 
Der BFH hat mit seinem Urteil vom 24. Oktober 2017 die Voraussetzungen für die Begünstigung von Wohnungsunternehmen deutlich erhöht, indem er der Auslegung der Finanzverwaltung nicht folgt. Vielmehr fordert die erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Begünstigung von vermieteten Wohnungen bei Wohnungsunternehmen eine originär gewerbliche Tätigkeit im Sinne des §15 EStG. Es müssen bestimmte ins Gewicht fallende Zusatz- oder Sonderleistungen erbracht werden, die bei der klassischen Vermietung nicht üblich sind und der Wohnungsvermietung einen gewerblichen Charakter verleihen. Auf die Anzahl der vermieteten Wohnungen kommt es hingegen nach der Auffassung der Finanzverwaltung nicht an. Ebenso kann eine gewerbliche Wohnungsvermietung wegen eines besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsels der Mieter oder der Nutzer der Räume eintreten. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit kann beispielsweise vorliegen, wenn als Sonderleistungen die Räume in der mit dem Mieter vereinbarten Weise ausgestattet werden, Bettwäsche überlassen und monatlich gewechselt wird, ein Aufenthaltsraum mit Fernsehapparat und ein Krankenzimmer bereitgehalten werden sowie ein Hausmeister bestellt wird (BFH-Urteil vom 27. Februar 1987, BFH/NV 1987, 441). 
 
Die aktuelle BFH-Entscheidung hat für erhebliche Rechtsunsicherheiten bei der Übertragung von Wohnungsunternehmen geführt. Die Finanzverwaltung hat erfreulicherweise relativ zeitnah reagiert und am 14. Mai 2018 als Reaktion auf die Entscheidung des BFH einen gleichlautenden Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. April 2018 (u. a. Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, Az. 34-S3812B-3/5). Danach ist das BFH-Urteil vom 24. Oktober 2017 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Die Finanzverwaltung wird unverändert an ihrer bisherigen typisierenden Betrachtungsweise in den Erbschaftsteuerrichtlinien festhalten. Somit kann die vom Gesetzgeber gewollte Begünstigung von Wohnungsunternehmen bei der Erbschaft-/ Schenkungsteuer weiterhin benutzt werden. Im Hinblick auf die bestehenden unterschiedlichen Anforderungen für ein Wohnungsunternehmen durch die BFH Rechtsprechung sowie durch die Finanzverwaltung ist aufgrund der aktuellen Positionierung der Finanzverwaltung zu empfehlen, zeitnah Wohnungsunternehmen oder Anteile daran zu übertragen.

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Frank Dißmann

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